Gebiet Bernerhöhe mit Blick auf die Mythen. Das geplante
Deponiegebiet befindet sich am unteren rechten Bildrand.

 

Gutachten spricht gegen Grossdeponie

 

SCHWYZ Das Fazit der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission ist deutlich: Eine geplante Deponie im Gebiet Bernerhöhe–Lauerzersee kommt aus Gründen des Landschaftsschutzes nicht in Frage.

 

CARLO SCHULER
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«Ich habe gejubelt, als ich vom Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission erfuhr», sagt Erwin Hammer. Sieben Jahre lang kämpft der 62-jährige Schlosser und Monteur aus Goldau SZ nun schon gegen eine grosse Deponie für Aushubmaterial im Gebiet Bernerhöhe–Buosigen beim Lauerzersee. Hammer wohnt in unmittelbarer Nähe des geplanten Standortes: «Ich konnte einfach nicht untätig zuschauen, wie man hier die Natur kaputtmachen will.» Er sammelte eigenhändig 2500 Unterschriften, ging von Instanz zu Instanz, zuerst ganz allein, später erhielt er Unterstützung unter anderem vom Heimatschutz und vom Bundesamt für Umwelt. Hammers Opposition schien anfänglich ein hoffnungsloses Unterfangen zu sein. Die Gemeinde Arth und die Schwyzer Regierung lehnten seine Beschwerden ab.

 

Baubewilligung 2012 aufgehoben

 

Ein wichtiger Entscheid fiel im Februar 2012, als das Schwyzer Verwaltungsgericht die Baubewilligung aufhob und die Sache zur Neubeurteilung an den Gemeinderat Arth zurückwies. Das Verwaltungsgericht rügte, dass im vorausgegangenen Nutzplanungsverfahren keine Waldfeststellung vorgenommen und keine entsprechende Rodungsbewilligung erteilt worden war. Endlich wurde in der Folge nun auch dem Antrag nachgegeben, eine Begutachtung durch die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (kurz ENHK) einzuholen. «Dieses Gutachten spricht jetzt Klartext», sagt Erwin Hammer.

 

Zeugen des Bergsturzes von 1806

 

In der Tat: Das Fazit des Gutachtens ist überaus deutlich: Aus Sicht der ENHK kommt eine Deponie an diesem Standort aus Gründen des Landschaftsschutzes nicht in Frage. Das Gutachten wurde nötig, weil sich das vom Projekt betroffene Gebiet teilweise im Bundesinventar der Landschaften von nationaler Bedeutung (BLN) befindet. Es liegt auf der Grenze zwischen den beiden BLN-Objekten «Lauerzersee» und «Vierwaldstättersee-Rigi». Zudem befindet sich das Projektgebiet am südlichen Rand des Geotopes «Goldauer Bergsturz». Dieses stellt eines der grössten historischen Bergsturzgebiete der Schweiz dar. In der Randzone im Gebiet Bernerhöhe kam durch den Bergsturz von 1806 eine gehäufte Zahl von grossen Steinblöcken zu liegen, welche hier die südliche Ausdehnung des Bergsturzgebietes in der Landschaft aufzeigen. «Sie sind Zeugen der maximalen Ausdehnung des Bergsturzgebietes, so dass ihnen eine grosse Bedeutung für die Ablesbarkeit des prägenden geologischen Ereignisses zukommt», schreibt die ENHK.

 

«Schwerwiegende Beeinträchtigung»

 

Insgesamt kommt die ENHK zu einem für das Projekt vernichtenden Schluss: Durch die geplante Aushubdeponie würde die Topografie dieser Geländekammer markant verändert. Weil ein grosser Teil der Felsblöcke überschüttet werden soll, stehe das Projekt im Widerspruch zum Schutzziel der ungeschmälerten Erhaltung der naturnahen Lebensräume der beiden betroffenen BLN-Gebiete. «Durch die Aufschüttung würde neben dem Verlust von Felssturzblöcken vor allem das Relief massgeblich verändert, sodass insbesondere auch das Schutzziel der ungeschmälerten Erhaltung des Bergsturzreliefs
betroffen ist», schreibt die ENHK. Die Kommission stuft denn auch das vorliegende Projekt als «schwerwiegende Beeinträchtigung» des BLN-Gebietes Lauerzersee ein. Die ENHK beantragt deshalb, die Rodungsbewilligung nicht zu erteilen und das Vorhaben abzulehnen.

 

Gutachten hat grosses Gewicht


Unschwer lässt sich dem Gutachten auch die Kritik entnehmen, dass erst so spät im Verfahren dem Antrag auf eine Begutachtung durch die ENHK stattgegeben wurde. Eine solche hatte das kantonale Amt für Natur, Jagd und Fischerei im Jahre 2009 vergeblich beantragt. Die weiteren involvierten Amtsstellen hatten sich im Zonenplanverfahren auf den Standpunkt gestellt, dass kein Waldareal betroffen und deshalb keine Begutachtung durch die ENHK
notwendig sei. Für Erwin Hammer steht fest: «Es wäre die Pflicht der Behörden gewesen, ein solches ENHK-Gutachten schon ganz zu Beginn anzufordern.» Das Gutachten zeige zudem, dass auch hinter die in den letzten Jahren entstandene Gewerbezone auf der anderen Seite der Bernerhöhe ein Fragezeichen zu setzen sei. Für das die Deponiepläne betreffende weitere Verfahren dürfte das vorliegende Gutachten von grosser Bedeutung sein. Für Lukas Bühlmann, Direktor der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung, ist jedenfalls klar: «Die Gutachten der ENHK haben für die Gerichte ein sehr hohes Gewicht. Die Gerichte setzen sich selten über solche Gutachten hinweg.» Ob das Projekt der Grossdeponie in Schwyz damit endgültig vom Tisch ist, wird sich zeigen.

 

Zentralschweiz am Sonntag | 6. Juli 2014 / Nr. 27

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